Streng geheimes Tunnelnetz atmet noch Kriegsgeschichte

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Den Geschichtsliebhabern von Fort Gerhard ist es jetzt gelungen, Zugang zu einer unterirdischen Militäranlage auf der Insel Wollin zu erlangen – sie liegt zwischen den Wohngebieten Przytór und Warszów und besteht aus einem Netz unterirdischer Tunnel, dutzenden Räumen und mehreren großen Bunkern, die unter Dünen versteckt sind. Unter der Federführung des Museums für Küstenschutz sollen die Innenräume im Mai der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Die ersten „Bauherren“ der Befestigungsanlagen im Wald waren Deutsche (1935-1938).

So entstand die Batterie Vineta – große Bunker, ein Munitionslager und ein Maschinenraum. Ihre Geschütze hatten eine Länge von sechs Metern und reichten 15 Kilometern weit. Im Zweiten Weltkrieg wurden sie ausgetauscht, ihre Reichweite erweitert. Im Inneren der Bunker wohnten fast 30 Soldaten, befanden sich Feuerstellungen, Duschen, Toiletten, ein kleines Munitionsmagazin und ein Heizungsraum.

„Die Batterie erfüllte eine sehr wichtige Rolle in der deutschen Armee, hier wurden tausende Artilleristen der Kriegsmarine geschult. Gegen Kriegsende wurde von hier aus der Beschuss der sowjetischen Schiffe in der Nähe der Insel Wollin geführt. Im Frühjahr 1945 evakuierte man die stationierten Truppen, und die Geschütze wurden gesprengt“, sagt der Direktor des Museums, Piotr Piwowarczyk.

Nach dem Zweiten Weltkrieg besetzte die polnische Armee den Komplex. Aber erst in den 1950 er Jahren beschloss man, die Batterie in eine Ersatz-Kommandostellung für die höchsten Militärbehörden
umzuwandeln. Das nahe Gelände wurde mit Feldbefestigungen und Artilleriestellungen ausgestattet, und alle Bunker mit einem Kilometer unterirdischer Tunnels verbunden. Es entstand eine völlig autonome
„unterirdische Stadt“. Im Kriegsfall und bei Bombenangriffen hättemansich dort monatelang aufhalten können. Die ganze Sache war indes streng geheim.

„Von der Kommandostellung wussten nur wenige, vor allem die ranghöchsten Offiziere. Bis vor kurzem
war es die geheimste militärische Anlage in Nordpolen", sagt Piwowarczyk.

Noch bis vor kurzem wurde das Gebiet vom Militär genutzt, und es gab keine Möglichkeit, die Bunker
zu betreten. Unter anderem von hier aus wollte man den Angriff auf Dänemark und die Benelux- Länder
kommandieren (so ein Szenario des Warschauer Paktes). Heute gibt es keine Armee mehr in Warszów und Przytór. Entlang der Fahrradstrecke R-10 in Richtung Misdroy, kann man noch zerstörte Gebäude und Warnzeichen vorfinden. Es gab Befürchtungen, dass die verlassene Anlage verfällt und von Vandalen geplündert wird. Mit der Hilfe von vielen Institutionen und Ämtern konnte man die Anlage aber retten. Der Komplex wird für Touristen zugänglich gemacht, die hier vor allem über den Kalten Krieg informiert werden.

Quelle: Ostsee Zeitung
Fot.Fort Gerharda